Die Unsicherheit aushalten können: So gelingt Führung in Krisenzeiten
29. Juli 2020 | News | 3 Minuten Lesezeit
Welche Aspekte der Führung sind in Krisenzeiten besonders wichtig? Können Krisen Katalysatoren für Veränderungen in Unternehmen sein? Und wann spricht man überhaupt von einer Krise? Darüber hatten wir mit den beiden Experten Mercedes Mende (Mercedes Mende | Leadership Coaching & Business Mediation) und Christoph Lukas (pingworks) beim digitalen cyberTREFF „Mit Führung aus der Krise“ am 15. Juli 2020 gesprochen.
Sicherheit in der Unsicherheit ausstrahlen
Eine Krise ist eine Ausnahmesituation, die jeden zunächst vor die Herausforderung stellt, anders als gewohnt reagieren zu müssen und neue Bewältigungsstrategien zu finden. Eine Krise ruft in erster Linie Verunsicherung und Ängste hervor, weil das Bekannte aus dem Gleichgewicht geraten ist. Der Wunsch nach Stabilität, Sicherheit und Orientierung ist deshalb in Krisenzeiten besonders hoch, der Mensch sucht nach einem Anker, um sich neu sortieren und orientieren zu können. In Unternehmen sind dann insbesondere Führungskräfte gefordert, ihren Mitarbeitern ein Sicherheitsgefühlt zu vermitteln – auch, wenn sie selbst verunsichert sind. Diese Unsicherheit aushalten zu können und Sicherheit auszustrahlen, ist einer der wichtigsten Aspekte bei der Führung in einer Krisensituation.
Bedürfnisse der Mitarbeiter kennen
Auch die Coronakrise bringt neue Herausforderungen für alle mit sich. Für die Teilnehmer der Veranstaltung war vor allem das Wegfallen der Kommunikation „über den Schreibtisch hinweg“ eine der größten Herausforderungen im täglichen Arbeitsalltag, wie eine Live-Umfrage zeigte.
Christoph Lukas und Mercedes Mende erklärten dies damit, dass im Homeoffice und beim virtuellen Arbeiten oft der Raum für den informellen Austausch fehle, der sonst bei der gemeinsamen Mittagspause oder beim Treffen in der Teeküche stattfinde. Die Grundbedürfnisse der Mitarbeiter nach Wertschätzung und Zugehörigkeit seien im Homeoffice schwieriger herzustellen, auch durch Videokonferenzen lasse sich das nur zum Teil auffangen. Deshalb sei es wichtig, dass Führungskräfte sich dessen bewusst seien und den Austausch suchen, um die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zu erfragen und darauf eingehen zu können.
Krisen als Katalysator?
Können Krisen Veränderungen im Unternehmen beschleunigen? Christoph Lukas und Mercedes Mende waren sich einig, dass Krisen zwar Veränderungen katalysieren können, aber nur dann, wenn die Menschen diesen Katalysator auch als solchen nutzen können. Damit eine Krise als Katalysator funktionieren könne, komme es vor allem auf die Bewältigungsstrategien an, die man besitze, um der Krise zu begegnen. Steht beispielsweise die Angst im Vordergrund, wird es schwierig, die Krise als Veränderungstreiber zu nutzen. Doch wie führt man durch eine Krise, wenn man selbst verunsichert ist? Die offene Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern sei an dieser Stelle unabdingbar. Generell sei es wichtig, die Mitarbeiter einzubeziehen, die kollektive Intelligenz nutzbar zu machen und mehr Eigenverantwortung in Teams zu fördern. Dadurch verteilt sich die Verantwortung auf mehrere Schultern und die Teams sind durch eigenverantwortliches Handeln besser für eine Krise gewappnet.
Andere und sich selbst führen
Doch was braucht es, damit Teams eigenverantwortlich handeln können? Die Teilnehmer sahen hierfür vor allem die Herstellung einer Vertrauens- und Lernkultur als notwendig. Auch die Experten bestätigten, dass die Basis für eigenverantwortliches Handeln Vertrauen sei. Der Begriff „Psychological Safety“ beschreibt eine Vertrauenskultur, in der Menschen das Gefühl haben, Dinge aussprechen zu können und zu hinterfragen. Damit die Vertrauenskultur im Unternehmen erfolgreich etabliert werden kann, seien auch Führungskräfte dazu aufgefordert, ihre Fehler vor Mitarbeitern einzugestehen und eine offene Kommunikation zu ermöglichen. Das setze aber auch voraus, dass die Führungskraft ihren eigenen Führungsstil immer wieder kritisch reflektiere. Eine emotional-intelligente Führung ist deshalb der Schlüssel für erfolgreiche Führung, gerade auch in Krisenzeiten. Denn wer emotional-intelligent führt, beschäftigt sich zunächst mit sich selbst: dem Bewusstsein und der Kontrolle der eigenen Gefühle, dem Einfühlungsvermögen in andere Menschen und die Fähigkeit, seine Emotionen zu steuern. Um andere Menschen führen zu können, müsse man erst lernen sich selbst zu führen, so die Experten.