„Ich hatte zeitweise nicht einmal Geld für einen Döner“ – das war die zweite FuckUp Night Konstanz.

19. März 2018 | | 3 Minuten Lesezeit

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Schlechtes Timing, falsche Finanzkalkulationen, insolvente Businesspartner, persönliche Schicksale, Naivität, das falsche Team, Unerfahrenheit oder einfach nur Pech … Gründe für das unternehmerische Scheitern gibt es viele. Und jede Geschichte ist individuell. Bei der zweiten Konstanzer FuckUp Night am 9. März 2018 im Zebra Kino berichteten erneut Gründer und Unternehmer von ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Scheitern und stellten sich den Fragen des Publikums.

„Bis heute ist Scheitern mit einem Makel belegt, erzählt werden meist nur Erfolgsgeschichten. Die FuckUp Night will das ändern und eine Kultur des Scheiterns etablieren. Wir brauchen eine Gründerkultur, zu der das Scheitern gehören darf. Aus Niederlagen lernt man ohnehin viel mehr als aus Erfolgen“, so Tobias Fauth, Geschäftsführer des digitalen Kompetenznetzwerks cyberLAGO und Veranstalter der FuckUp Nights Konstanz. Das Format kommt bei den Teilnehmern gut an, auch die zweite Auflage lockte rund 100 Interessierte ins Zebra Kino.

„Wie lange habe ich Zeit? Zwei Stunden, oder?“, fragte Achim Schulz zu Beginn seines Auftritts. Schnell wurde klar, dass diese Geschichte nicht eben mal kurz erzählt ist. Sein Hobby zum Beruf machen, das war seine Wunschvorstellung, als er sich mit seiner ersten eigenen Bike-Factory selbständig machte. Das Geschäft lief anfangs gut, „aber ich konnte nicht mit dem Geld umgehen“, gibt Achim Schulz zu. Diese Tatsache endete schließlich in der Privatinsolvenz. „Ich hatte zeitweise nicht einmal Geld für einen Döner.“ Doch Achim Schulz ließ sich nicht unterkriegen und stieg bei einem Freund ins Geschäft ein, das wiederum mit Fahrrädern zu tun hatte. Das Geschäft lief auf Hochtouren, innovative Ideen wie das „Klima-Bike“ wurden ins Leben gerufen, schnell der zweite Laden eröffnet. Auf den Höhenflug folgte jedoch schnell der Sturzflug. Der Freund erkrankte, dadurch entstanden viele Probleme, der Laden ging letztlich den Bach runter. Nach weiteren Rückschlägen ist Achim Schulz gesundheitlich und seelisch am Tiefpunkt. Mithilfe der Familie und Freunde findet er seinen Weg zurück, ist mittlerweile erfolgreicher Coach. „Ich habe ein unglaubliches Ur-Vertrauen darin, dass es immer irgendwie weitergeht. Das hat mich oft gerettet.“ Was er jetzt anders macht? „Ich achte mehr auf mich, nehme mir bewusst Auszeiten und bin vorsichtiger geworden.“

Dass bei einem Oktoberfest viel philosophiert wird, ist klar. Dass hier auch erste Businessideen entstehen können, erzählte Thierry Laboureur: „Ein Kumpel kam auf dem Konstanzer Oktoberfest auf mich zu, erzählte mir von seiner Idee und dass er noch Leute dafür suchte: ein Portal, das alle Freizeitangebote digitalisiert und online buchbar macht.“ Der Startschuss für Fedsy war damit gefallen, das fünfköpfige Team aus befreundeten Entwicklern und BWLern war zunächst euphorisch. Die Idee der Plattform stieß überall auf Begeisterung, doch genau hier war auch der Knackpunkt: „Wir konnten unser Vorhaben zwar überall anpreisen und toll erzählen, doch es haperte an der technischen Umsetzung. Wir konnten unsere Versprechen einfach nicht umsetzen“, so Thierry Laboureur. Als die beiden Entwickler das Team verließen, musste eine externe Lösung gefunden werden. „Wir investierten unser eigenes Geld, jetzt waren wir schon so weit gekommen und wollten das Projekt auch umsetzen.“ Doch es sollte anders kommen. Die Partnerfirma ging insolvent, das brach auch Fedsy letztendlich das Genick. Trotzdem blickt Thierry Laboureur positiv auf das Erlebte zurück: „Ich glaube, dass ich aus dieser Zeit einiges lernen und mitnehmen konnte, was mir im späteren Leben viel helfen wird.“ Beruflich geht es für ihn nun erst mal nach Hamburg.

Mit Kunst Geld verdienen, dieses Ziel verfolgte Guido Sondern, als er mit einer Kunstausstellung mit Werken von Friedensreich Hundertwasser die Landesgartenschau in Norderstedt bereichern wollte. Das Konzept schien eigentlich vielversprechend, Besucherzahlen und Eintrittspreise waren kalkuliert, Werke zusammengestellt und der Ausstellungsraum festgelegt. Dann gab es gleich mehrfach ein böses Erwachen. Der Ausstellungsraum etwa, ein Kubus aus Glas, an dem sich Bilder kaum aufhängen ließen, lag fernab von Ein- und Ausgang der Landesgartenschau und lockte kaum Besucher. Viele weitere Probleme reihten sich ein. Anstatt des leicht verdienten Geldes wartete am Ende ein fettes Minus auf dem privaten Konto. Was folgte, waren Schulden, Gläubiger und der Hartz-4-Antrag. „Das ist wirklich kein schönes Gefühl, wenn man mit Mitte 20 einen solchen Antrag ausfüllt. Man fragt sich, was man in den letzten Jahren falsch gemacht hat, dass man trotz unglaublich vieler Arbeit am Ende mit Schulden dasteht.“ Inzwischen ist Guido Sondern privat saniert, hat mehrere Jahre erfolgreich das digitale Kompetenznetzwerk cyberLAGO geführt und ist bei der wirsindhandwerk gmbh als Business Architekt tätig. In Form der Top 8 seiner persönlichen Learnings gab er den Teilnehmern der FuckUp Night einige Ratschläge mit auf den Weg. Und auch er selbst macht nun einiges anders: „Man wird kritischer, hinterfragt mehr und glaubt nicht mehr alles, was einem angepriesen wird.“

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