“An der Frage, was mache ich mit meinen Daten, kommt kein Unternehmen vorbei.”

24. Mai 2018 | | 4 Minuten Lesezeit

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Big Data ist einer dieser Begriffe, denen man immer wieder begegnet. Ob als Privatperson oder im Unternehmen, das Sammeln und Speichern von Daten betrifft jeden. Die Datenmengen vervielfachen sich nicht nur in einem rasanten Tempo, sondern auch in einem enormen Ausmaß. Spezialisten sind deshalb immer mehr bemüht, neue Wege zu finden, wie diese Daten konkret analysiert, bewertet und vor allem effizient genutzt werden können. Ralf Walther, Geschäftsführer des cyberLAGO-Mitgliedsunternehmens mindUp Web + Intelligence GmbH ist Experte auf diesem Gebiet. Als Data Scientist und Neuroinformatiker realisiert er seit 20 Jahren für Unternehmen und Verbände Analyseprojekte mit seinem Data-Mining-Team aus Analytikern und Softwareentwicklern.

Am 26. Juni wird Ralf Walther bei der Veranstaltung Einsatz von Big Data im Unternehmen“ der IHK Hochrhein-Bodensee in Konstanz zeigen, in welchen Branchen Big Data schon heute eine große Rolle spielt und wie Unternehmen herausfinden können, ob Big Data für ihr Business von Vorteil sein kann. Im Interview beantwortet er grundlegende Fragen zu Big Data und erklärt, worauf Unternehmen bei der Nutzung von Daten achten sollten.Was ist Big Data eigentlich?

Der Begriff „Big-Data“ wird leider in sehr unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Einerseits bezeichnet er ein neues Problemfeld, welches durch die fortschreitende Digitalisierung aller Lebensbereiche entstanden ist. Immer größere Datenmengen aus zunehmend unterschiedlichen Datenquellen müssen möglichst in minimaler Zeit ausgewertet und verarbeitet werden. Andererseits werden auch die Konzepte und Lösungsansätze und die dafür eingesetzten Software-Werkzeuge mit „Big-Data“ betitelt. Das bietet Raum für Verwirrung und Missverständnisse. Datenanalysen und die Nutzung der Ergebnisse sind nicht wirklich neu. Jedoch aufgrund der veränderten Quantität und Qualität der heutigen Daten, mussten neue Konzepte und Werkzeuge entwickelt werden, um die wachsenden  Anforderungen erfüllen zu können. Somit kann zum Beispiel auch ein Datenprojekt mit weniger als einer Millionen Datensätze ein Big-Data-Projekt sein, wenn es entsprechende Anforderungen bzgl. Analyse und Zugriffszeit erfüllen muss. Aber ganz so scharf wird die Begriffsdefinition nicht ausgelegt.

 

Welche Vorteile bestehen für Unternehmen darin, diese Datenmenge künftig anders zu analysieren?

Die Menge und der Detailgrad von Daten aus den einzelnen Unternehmensbereichen steigen ständig an und damit auch die Chancen und Möglichkeiten der Auswertung und Nutzung. Allerdings wird es auch schwieriger, die richtigen Daten für den eigenen Mehrwert ausfindig zu machen. Wenn man früher vielleicht seine Kunden nur mit dem getätigten Umsatz je Woche und mit den eigenen Werbemaßnahmen in Verbindung gebracht hat, kann man heute die minütlich getakteten Marketingaktionen mit den entsprechenden Käufen über den Online-Shop verknüpfen; natürlich unter Berücksichtigung des aktuellen Wetters vor Ort des Kunden. Je nach Branche und Unternehmensgröße ist das heute schon fast Standard. Aber auch kleinere Unternehmen, können z. B. im Vertrieb oder in der Produktion durch diese Entwicklung profitieren. Die Produktionsbedingungen und Abläufe liefern heute schon eine unglaubliche Vielzahl an Daten und Parametern. Nicht selten bieten diese dann Potenzial für Kosteneinsparungen bei Ressourcen oder Hilfen bei Produktionsfehlern.

 

Wird das die Zukunft sein?

Ich glaube, die Menschen fangen erst an zu begreifen, welcher Wandel sich gerade vollzieht. Aufgrund der stark wachsenden Digitalisierung wird sich die zielgerichtete Analyse von Daten zu einem Standardprozess innerhalb von Unternehmen etablieren. Der Umfang und die Ausprägung werden sich natürlich stark an den Unternehmensanforderungen orientieren und daher auch variieren. Aber an der Frage, was mache ich mit meinen Daten, kommt kein Unternehmen und auch kein mündiger Bürger vorbei.

 

Welche Herausforderungen bestehen dabei in puncto Datenschutz und Persönlichkeitsrecht? Und wie muss damit im Vorfeld umgegangen werden?

Die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben ist natürlich obligatorisch und da hat sich viel verändert. Zu beachten sind die EU-Datenschutz-Grundverordnung und das neue Bundesdatenschutzgesetz, welche im Mai dieses Jahres in Kraft treten. Immer dann, wenn es um personenbezogene Daten geht, sind die Anforderungen an die Unternehmen besonders hoch, d. h. man muss bei der Planung von Analysen und der Nutzung solcher Daten immer auch Aufwände für die Prüfung und Überwachung der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen berücksichtigen. Generell sollte eine Bewertung der Auswirkungen von Datenanalyse und Nutzung ein Bestandteil von Datenprojekten sein, denn nicht immer sind die Auswirkungen sofort sichtbar.

 

Gibt es Branchen, für die die Nutzung von Big Data besonders interessant sein könnte?

Natürlich haben diejenigen Unternehmen, deren Geschäftsmodell sich schon vollständig in der digitalen Welt abspielt, einen gewissen Heimvorteil, weil die Daten in den einzelnen Bereichen automatisch anfallen. Sie waren auch zuerst mit den damit verbundenen Problemen konfrontiert und mussten neue Auswege finden. Jedoch die Potenziale in den eher industriell geprägten Unternehmen, die Größe ist da nicht entscheidend, sind enorm. Wenn man z.B. durch Analyse der Produktionsdaten an einer bestimmten Stelle der Produktionskette der Ausschuss um 1% verringert wird, kann das schon bedeutende Kosteneinsparungen auslösen. Branchenübergreifend finden sich meistens im Bereich Marketing und Verkauf Ansätze zur Umsatzsteigerung durch Datenprojekte.

 

Wie gehe ich am besten vor, wenn mein Unternehmen die Potenziale von Big Data künftig nutzen möchte? Was muss der erste Schritt sein?

Man sollte sich auf jeden Fall nicht von der überschäumenden Presse über Big-Data oder KI verrückt machen lassen. Der Datenzug rollt schon, keine Frage, aber jedes Unternehmen kann den Nutzen zielgerichtet identifizieren und sollte nicht überhastet agieren. Das Unternehmen sollte sich zu Anfang die Frage stellen, welche Daten stehen zur Verfügung und welche Daten könnten leicht verfügbar gemacht werden. Es mag banal klingen, aber es muss auf jeden Fall ein messbares Ziel zur Überprüfung definiert werden. Soll der Umsatz für ein bestimmtes Produkt oder in einem bestimmten Markt gesteigert werden? Soll die Marke gestärkt werden? Will das Unternehmen die Kundenstruktur verstehen, so dass man besser auf die einzelnen Kundensegmente eingehen kann? Sollen die Maschinen optimiert oder besser ausgelastet werden – die Einsatzgebiete sind so vielfältig, wie die Unternehmen selbst. Vermieden muss auf jeden Fall der Fehler, mit viel Getöse ein Datenprojekt aufzusetzen und hinterher keine Überprüfung der Auswirkungen durchzuführen. Auch eine negative Auswirkung ist ein Erkenntnisgewinn und kann für die nächste Justierung des Optimierungsprozesses genutzt werden.

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