Das digitale Geschäftsmodell: „Eine so große Chance gab es für den Mittelstand seit 20 Jahren nicht mehr.“

04. Dezember 2018 | | 3 Minuten Lesezeit

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Die Entwicklung und Umsetzung eines digitalen Geschäftsmodells kann nur erfolgreich sein, wenn mehrere Faktoren zusammenspielen. Welche Aspekte beachtet werden müssen, wie digitale Geschäftsmodelle überhaupt entstehen und welche Herausforderungen sich auf dem Weg zu einer digitalen Organisation ergeben können, erfuhren rund 200 Teilnehmer am 28.11.2018 im ZF Forum bei „Wie entwickle ich (m)ein digitales Geschäftsmodell?“. Die Veranstaltung gehört zur Reihe „Digitalisierung als Chance“, die von der Wirtschaftsförderung Bodenseekreis (WFB) und dem digitalen Kompetenznetzwerk cyberLAGO initiiert wurde und nun zum zweiten Mal in Friedrichshafen stattfand.

„Digitalisierung ist ein Thema, mit dem sich momentan jedes Unternehmen auseinandersetzt. Aber vielen fehlt es an Erfahrung oder dem nötigen Know-how. Deshalb wollen die Wirtschaftsförderung Bodenseekreis und das digitale Kompetenznetzwerk cyberLAGO mit der Veranstaltungsreihe ‚Digitalisierung als Chance‘ die Unternehmen aus der Region bei der digitalen Transformation begleiten und unterstützen“, so Marian Duram, Geschäftsstellenleiter Überlingen der WFB. Tobias Fauth, Geschäftsführer von cyberLAGO, ergänzt: „Natürlich wissen wir, dass Digitalisierung für jedes Unternehmen etwas anderes bedeutet, dass es für die digitale Transformation nicht den einen richtigen Weg gibt. Daher wollen wir den Unternehmen sinnvolle Tools an die Hand geben und ihnen praxisnah veranschaulichen, wie man diese nutzen kann, wohin es führen kann. Und sie natürlich mit Experten aus der Bodenseeregion vernetzen.“

 

Digitalisierung braucht Motivation und Zeit

Damit ein Unternehmen digital wird, braucht es vor allem Motivation und Bereitschaft aller Beteiligten. „Denn bei der Digitalisierung handelt es sich im Kern um einen gesellschaftlichen Wandel“, so Prof. Dr.-Ing. Guido Baltes, Leiter des Instituts für Strategische Innovation und Technologiemanagement an der HTWG Konstanz. Es sei deshalb fundamental, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, welche auf die veränderte Gesellschaft reagieren. Doch über welche Veränderungen sprechen wir? „Es hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Die individuelle Kundenbedienung ist das, worauf es beim jetzigen Geschäftsmodell ankommt und die über den langfristigen Erfolg entscheidet.“ Denn die Kunden haben sich verändert und legen zunehmend Wert auf die individuelle Bedienung. An dieser Stelle können digitale Geschäftsmodelle ansetzen und mithilfe von z. B. Datenanalysen individuelle Kundenwünsche erfüllen.

Damit digitale Geschäftsmodelle im Unternehmen aber überhaupt erst entstehen können, sei die Parallelität von zwei Dingen notwendig: „Auf der einen Seite steht nach wie vor das Kerngeschäft; auf der anderen Seite muss es Freiräume geben, wo Ideen für weitere, auch digitale Geschäftsmodelle, entwickelt werden, die nicht zwangsläufig etwas mit dem Kerngeschäft zu tun haben.“ Dies könne etwa dann gut funktionieren, wenn Unternehmen mit Start-ups zusammenarbeiten und dadurch „beidhändige Organisationen“ geschaffen werden. Denn Transformation und Innovation finde im Zusammenspiel dieser beiden Organisationen statt. „Trotzdem muss man sich immer bewusst sein: Transformation funktioniert nicht von heute auf morgen, sondern braucht Zeit und einen langen Atem.“

Das bestätigte auch Benjamin Köb, Leiter für digitale Produkte und Services bei der Winterhalter Gastronom GmbH, als er zwei digitale Geschäftsmodelle des Spülmaschinenherstellers präsentiert. „Pay per wash“ und „connected wash“ seien Schritt für Schritt entstanden und noch immer in der Optimierungsphase. „Trotzdem ist es wichtig anzufangen, auch wenn man anfangs noch nicht weiß, wohin die Reise geht.“ Benjamin Koeb berichtete von ersten Erfolgen, aber auch von Herausforderungen und Problemen, die sich erst mit der Zeit herauskristallisierten. Um diesen begegnen zu können sei es wichtig, dass die Managementebene hinter der Idee stehe und dass trotz allem weitergemacht werde. „Uns war es zunächst wichtig, internes Know-how aufzubauen. Das hat uns weitergebracht. Und wir haben früh erkannt, dass sich mit Daten, die wir bei „pay per wash“ und „connected wash“ gewinnen, viele weitere Möglichkeiten ergeben, mit denen wir vorher nicht gerechnet hatten.“

 

Den Menschen im Blick haben

Einer der wichtigsten Faktoren sei immer der Mensch. „Der Mensch muss im Blick sein, die interne Kommunikation spielt deshalb eine wesentliche Rolle für den Erfolg des Wandels“, so Benjamin Köb. Das war auch für die ZF Friedrichshafen AG einer der wichtigsten Faktoren: die Mitarbeiter auf dem Weg zu einer digitalen Organisation mitzunehmen. Frederik Lechner, Director Digital Strategy and Business Engagement bei ZF, erklärte, dass es entscheidend sei, das digitale Mindset im Unternehmen zu implementieren, und veranschaulichte den digitalen Wandel der ZF AG. Beispielsweise wurde mit der Internal Pitch Night eine Plattform für Mitarbeiter geschaffen, um Ideen vorzustellen und diese bestenfalls umzusetzen. In der Digital Academy werden neue Kommunikationswege erklärt, welche die interne Kommunikation erleichtern. „Es ist wichtig, die Leute abzuholen und ihnen zu erklären, was gerade passiert und welche Auswirkungen das für sie hat.“

Konrad Krafft, Geschäftsführer der doubleSlash Net-Business GmbH, stellte ebenfalls den Menschen in den Mittelpunkt und veranschaulichte u. a. Methoden, mit denen sich digitale Geschäftsmodelle entwickeln lassen. Die Digitalisierung verändere Geschäftsmodelle, der Service stehe jetzt im Vordergrund. Es gehe immer darum, Mehrwerte und Nutzen für den Kunden zu generieren. Dabei sei es wichtig, Annahmen laufend zu validieren. „Das Thema Kundenwunsch und Kundenbedürfnis ist hierbei zentral. Was will der Kunde und wie können wir als Unternehmen darauf reagieren? Damit das Geschäftsmodell am Ende funktioniert, braucht es dann das motivierte Team und eine Unternehmensstruktur, die nicht hierarchisch aufgebaut ist.“

Zum Abschluss machte Prof. Dr.-Ing. Guido Baltes noch einmal Mut, den Schritt in die Digitalisierung zu wagen: „Wir haben heute eine Zeit, in der für Mittelständer so große Chancen bestehen, wie schon seit 20 Jahren nicht mehr. Springen Sie deshalb mit Mut nach vorne und gehen Sie das Thema digitale Transformation an.“

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